mcnamara_racing_d

McNamara (D)

Frank Orthey 2022/01/07 14:26

McNamara Sebring (1968)

„McNamara Racing” - how it all began

Basisbeitrag von Francis E. „Mac“ McNamara

Aus dem Amerikanischen von Sonja Schroeder

An einem grauen verhangenen Frühlingstag des Jahres 1967 ging ich durch den Flur der alten Kaserne oberhalb von Lenggries und der Isar. Als ich an der Tür des Gemeinschaftsraumes meiner Special Forces-Kompanie vorbeikam, fiel mein Blick auf ein Hochglanz-Magazin, das dort auf dem Tisch lag. Nach ein paar Schritten die Treppe hinunter in Richtung des Büros unseres „A“-Teams, hielt ich an und ging zurück in den Gemeinschaftsraum. Dort nahm ich das Magazin vom Tisch und sah, dass es eine Rennsportzeitung mit einem Fahrerportrait von Mario Andretti auf dem Umschlag war. Ich setzte mich an den Tisch, blätterte durch die, mit vielen Bildern und Artikeln über verschiedene Monoposti und Rennfahrer gefüllten, Seiten. Ich fand den Artikel über Mario Andretti und verbrachte die nächsten Minuten damit, über ihn zu lesen, wer er war und was er in seiner jungen Karriere bisher erreicht hatte. Am selben Abend saß ich mit meiner Frau Bonnie beim Abendessen in unserer Wohnung in Fleck nahe Lenggries und sprach mit ihr über den Artikel von Mario und über das Rennfahren. Bonnie stimmte mir zu, dass, seit wir im Winter 1966 Teil der 10th Special Forces Group geworden waren, wenig von der näheren Umgebung oder von Deutschland gesehen hätten, was hauptsächlich am vielen Schnee gelegen hatte. Wir dachten, wir könnten an einem der nächsten Frühlingswochenenden ein Autorennen besuchen und so unsere neue Umgebung erkunden.

Ein oder zwei Wochen später musste ich unseren kleinen Volkswagen nach Bad Tölz in die Werkstatt der 10th Special Forces Group bringen, die in der Nähe der dortigen Kaserne lag. Dort lernte ich den Mechaniker Mandy Weiss kennen, der unser Auto warten sollte. Ich fragte ihn, ob er wüsste, ob in der Umgebung Autorennen veranstaltet würden. Ich erinnere mich, dass er vorschlug Toni Fischhaber zu fragen, der eine Autowerkstatt in der Nähe von Bad Tölz hatte. Einige Tage später fanden Bonnie und ich Fischhabers Werkstatt. Ich erinnere mich, dass er uns Formel-Vau-Rennwagen zeigte und von den Rennen als Wochenend-Hobby erzählte. Er war ein so fantastischer Verkäufer, dass wir zu guter Letzt einen gebrauchten Apal zusammen mit einem Anhänger erstanden hatten. Toni stellte uns außerdem zwei Mechaniker vor, Heinz Willibald und Tony Krinner, die bereit waren, sich um den Apal zu kümmern. Mit dem was wir über Autorennen wussten, dachten wir, gerade ein paar entspannte Rennwochenenden eingekauft zu haben, an denen wir zusätzlich Deutschland kennenlernen würden.

Die Geschichte des allerersten Renn-/Ferienwochenendes endete auf dem Nürburgring im April 1967 mit einem geplatzten, weil von mir überdrehten Motor in der elften von fünfzehn Runden. Immerhin konnte ich den Wagen mit allen vier Rädern auf der Strecke halten und war nicht im Wald gelandet. Mit einem neuen Motor in unserem Apal versuchten wir unser Glück auf einer Strecke mit dem Namen Hockenheim beim nächsten Wochenende mit der Kombination Rennen und Urlaub. Wir schafften es, in der Qualifikation Platz 33 zu erreichen und doch als letzter Starter für das Feld von eigentlich 32 Autos aufgenommen zu werden. Diesmal kannte ich den Motor besser und überdrehte ihn nicht, dafür hielt ich aber auch meine Position als letzter. Wir fuhren mit Tempo 100 zurück nach Lenggries, den Apal auf dem Anhänger im Schlepp, diesmal aber intakt.

Das nächste Rennen war ein international besetztes Rennen in der Nähe von Mainz. Mit der Idee, dass auf einer Rennstrecke der schnellste Weg zwischen zwei Punkten die Ideallinie ist, konnte ich die so wichtige Pole Position in einem Feld von 26 Startern erreichen. In der Nacht vor dem Rennen träumten Bonnie und ich vom Rennen und davon, als Erster die karierte Flagge zu sehen. Aber es sollte nicht sein! Am Morgen des Renntages auf dem Weg zur Strecke kollidierte unser Wagen mit einer deutschen Limousine, die gerade vor uns wenden wollte. Mit einer Gehirnerschütterung, vier gebrochenen Rippen, einem gebrochenen Bein und einem kaputten Auto, das den Anhänger nicht mehr ziehen konnte, waren die Rennaktivitäten erst einmal bis September beendet.

Nachdem der Heilungsprozess mehr oder weniger komplett war und wir ein neues Zugfahrzeug für den Anhänger erworben hatten, meldeten wir uns für das nächste Rennen auf dem Hockenheimring. Der Apal war vorbereitet, getunt und fertig für das Rennen am 10. September. Während des Trainings am Nachmittag fuhr ich voll auf eine Rechtskurve zu, als ich mich plötzlich von Flammen umgeben sah, die dem Heck des Apal entstammten. Ich dachte, das Benzin aus einer geborstenen Leitung über den heißen Auspuff gelaufen war und das es eine gute Idee wäre, das Auto zu verlassen. Als ich gerade erwog, aufzustehen und auszusteigen, hielten mich natürlich die Gurte zurück. Plötzlich erinnerte ich mich an meine Militärzeit und dachte „du Idiot, du fährst mit 120 Meilen, ein plötzlicher Stopp mit Sturz auf den Asphalt ist sicher schlechter, als das Feuer“. So entschied ich mich, die Strecke zu verlassen, um die Geschwindigkeit zu reduzieren und dann auszusteigen. Zu dieser Zeit gab es in Hockenheim als Streckenbegrenzung Metallpfosten, zwischen denen Drähte gespannt waren. Ich hatte viel Glück, auf einen dieser Pfosten zu treffen und einen Abschnitt des Zaunes nieder zu mähen. Denn wenn ich nicht mit dem Pfosten kollidiert wäre, hätte mich der Draht sicherlich enthauptet. Sobald der Wagen im Wald und in den Büschen langsamer wurde, sprang ich heraus und landete wie nach einem Fallschirmsprung. So hatte das militärische Training ein weiteres Mal ein Gutes getan!

Der Apal brannte komplett aus und war natürlich nicht mehr wiederzuerkennen, vor allem, nachdem er kurz vor dem Löschen noch explodiert war. Ich saß am Rande der Strecke und betrachtete traurig unseren Urlaubs- und Rennwagen im weißen Löschpulver, der nun nicht mehr existierte. In diesem Moment beschloss ich aber, dass ich, wenn wir diese Wochenenden forstsetzen wollten, einige professionelle Stunden in einer Rennfahrerschule nehmen müsste und wir einen neuen Wagen brauchten. Bonnie schloss sich den Überlegungen an und so begann es!

1967/68 dauerte der kalte und verschneite Winter lang und ging nur langsam zu Ende. Wann immer es zwischen den Wetterverhältnissen und meinen militärischen Verpflichtungen möglich war, machten wir uns auf den Weg, um einen neuen Formel Vau zu suchen. Wir sahen ein Problem darin, dass die aktuellen Hersteller von Formel-Vau-Rennwagen nicht die Verbesserungen anboten, die wir für eine sichere und erfolgreiche Rennsaison für notwendig hielten. Nachdem der Apal in Hockenheim explodiert und ausgebrannt war, waren wir der Meinung, dass Feuer die größte Gefahr für einen verunglückten Fahrer darstellen würde. Ich hatte daher schon ein Feuerlöschsystem entworfen, das wir in unseren neuen Wagen einbauen wollten. Das System hatte Feuerlöscher auf beiden Seiten des Fahrers und konnte das Cockpit über einen Schalter am Armaturenbrett unter Löschschaum setzen. Keiner der Formel Vau-Wagen dieser Zeit wies ein solches System auf. So musste die Idee warten, bis wir sie schließlich in unsere eigenen Rennwagen einbauen würden, bei denen zudem nahtlose Rohre für den Rahmen und andere Modifikationen zur Anwendung kommen sollten. Als die Tage wieder länger wurden und der Frühling 1968 sich näherte, kamen wir zum Entschluss, dass wir unseren eigenen Wagen bauen müssten, um all diese Ideen realisieren zu können.

Das löste jedoch nicht das unmittelbare Problem, dass uns ein Wagen fehlte, um an Rennen teilnehmen zu können, wenn die Saison starten würde. So machten wir das, was naheliegend und möglich war: wir kauften einen rennfertigen Fuchs und legten die Pläne, einen eigenen Wagen zu bauen, erst einmal auf Eis.

Im Frühjahr desselben Jahres fiel eine weitere Entscheidung: meine militärische Karriere zu beenden, in Deutschland zu bleiben und ein kompletter Rennfahrer zu werden. Unser erstes Rennen sollte am Nürburgring Mitte April stattfinden. Es wurde aber kein kometenhafter Auftritt. Ich konnte mich zwar qualifizieren, sah aber wegen eines Motorschadens nicht die Zielflagge. Das brachte uns aber einen weiteren Schritt in Richtung der Konstruktion eines eigenen Rennwagens. Mitte Mai verließ ich das Militär und startete mit neuem Motor beim Wallbergrennen. Im ersten Lauf hatte ich Rang 9 erreicht und war zuversichtlich, das Ergebnis im Zweiten verbessern zu können. Der wurde aber wegen eines Unfalls abgesagt und so blieb es bei Rang 9.

Mitte Juni reisten wir nach England, um in Silverstone eine Rennfahrerschule zu besuchen. Am ersten Morgen lernte ich meine Instruktoren kennen, die versuchen wollten, mir die Fähigkeiten zu vermitteln, die notwendig waren, um aus mir einen erfolgreichen Rennfahrer zu machen. Darunter Dan Hawkes, ein früherer Rennwagenkonstrukteur, und Peter Arundell, der für Team Lotus in der Formel 1 gefahren war. In dieser Woche konzentrierte ich mich, beide Hände am Lenkrad und den Wagen auf der Strecke zu halten. Ich schloss die Schule mit Selbstvertrauen ab und der Erkenntnis, dass Rennfahren eine konstante Bewertung des eigenen Handelns und der Eliminierung von Fehlern beinhaltet, denn am Ende lügt die Stoppuhr nicht.

Peter Arundell Dan Hawkes Mac

Ich lernte meine beiden Lehrer sehr gut kennen und erwähnte nebenbei, dass wir unseren eigenen Wagen bauen wollten und beendete den Kurs, mit der Erkenntnis, ein Rennen gut überstehen zu können. Mit dem Austausch der Adressen verabschiedeten Dan, Peter und ich uns voneinander und dachten nicht, dass wir uns je wiedersehen würden, ohne zu realisieren wie klein die Welt wirklich ist.

Zurück in Deutschland fiel die Wahl auf ein kleines Gebäude in der Nähe eines Ski-Geschäftes in Lenggries. Das erwies sich als perfekter Ort, um unseren eigenen Wagen zu bauen. McNamara Racing startete tatsächlich in dem Moment als Dan eintraf, um mit dem Design und Bau unseres ersten Formel Vau zu beginnen, der den Namen Sebring Mark I tragen sollte.

Die McNamara-Werkstatt in Fleck bei Lengries, Urtlmühlweg 1 - mit Besuch vom Team Lotus

Das Jahr schritt voran. Bis zum Herbst fuhr ich weitere Rennen mit unserem existierenden Auto, um Erfahrung als Rennfahrer zu sammeln. Die restliche Zeit verbrachten wir damit, zusammen mit Dan das neue Auto zu entwerfen und zu bauen. Es dauerte nicht lange bis zum „Roll-Out“ aus der kleinen Werkstatt in Lenggries und zum ersten Verladen auf den Anhänger. Das Auto hatte einen wirklich leichten Gitterrohrrahmen und eine fortschrittliche Radaufhängung mit Doppelrohr-Längslenkern, die sich an den Indy-Cars orientierten und zusätzliche horizontale Verstärkungen im Cockpit. Und natürlich unser Feuerlöschsystem mit den beiden Trockenschaumflaschen. Die vordere und hintere Aufhängung konnte über justierbare Verbindungen zu den Stabilisatoren an die verschiedenen Rennstrecken und Wetterbedingungen angepasst werden. Die hintere Aufhängung war zusätzlich mit einer Möglichkeit versehen, die Spur einzustellen, um ein gutes Kurvenverhalten zu gewährleisten. Das Design der offenen Front verstärkte nicht nur das schöne Aussehen des Autos, sondern ermöglichte auch einen besseren Kühleffekt, weil Luft von hier über zwei flexible Röhren an den Motor geführt wurde. So waren die Tage der wegen Überhitzung geplatzten Motoren vorbei. Die Bremsbalance konnte mittels Waagebalken zwischen Vorder- und Hinterachse verstellt werden. Lenkung, Pedale und Fußstützen waren ebenso einstellbar wie der Sitz. In das Armaturenbrett war ein kompletter Instrumenten-Satz installiert und zu guter Letzt war das gesamte Fahrwerk und Teile des Motors verchromt und glitzerte in der Sonne wie so viele Formel 1 Wagen dieser Zeit.

Werbeaufnahmen an der Isar - hier mit Helmut Töpfl im McNamara MK 1

Dann stieß Peter Arundell zu uns, um uns mit seiner Expertise zu helfen und den Wagen zu testen. Als unser Auto erstmals auf einer Rennstrecke auftauchte, erhielt es sofort öffentliche Anerkennung und wir viele Aufträge. Mandy Weiss kam ebenso wie viele andere zu uns, zu viele, um sie hier aufzuzählen, aber eben auch viele, die später bekannte und große Namen in den Annalen der Motorsport-Welt aufweisen sollten, Helmut Marko als unser erster Team-Chef, Niki Lauda, Helmut Bross, Gerold Pankl oder Günther Huber. Unsere kleine Werkstatt wurde zu klein und wir zogen in ein größeres Gebäude um, um Nachfrage und Interesse bedienen zu können. Wir wuchsen stetig und entwickelten unseren ersten Formel Vau über vier Stufen. Zu unserem Wachstum zählte auch ein Projekt mit Ford bei den Tourenwagen, Formel Ford und Formel 3. Tatsächlich startete alles mit unserem ersten gebrauchten Formel Vau. Dann traf ich Mario Andretti, den Mann vom Auto-Magazin, mit dem alles begonnen hatte. Das ist dann aber eine neue Story für einen anderen Tag.

Bill Scott im McNamara 1969

Helmut Marko im McNamara 1969

Gerd von Hacke im Sebring Mk 1 1971 am Wallberg

Die McNamara Sebring MK 1 in der angemieteten Wood-Box, Daytona. # 20 Günther Huber, # 10 Helmut Bross, # 25 Helmut Töpfl, # 15 Helmut Marko

Bonnie und Mac

(1976 - 1971) Formel V Sebring Mk 1 Formel V Sebring MK 2 Formel Ford Formel 3 Sebring MK 3 Indy Car

Peter Arundell, Dan Hawkes

Jo Karasek, Gustav Brunner

Die ersten Rennmechaniker waren Heinz Willibald und Toni Krinner.

Urtlmühlweg 1, Lengries (Fleck)

Peter Schroeder: McNamara Racing: Der Weg von Lenggries nach Indianapolis. View-Verlag, Bonn 2015

Thomas Keßler/Frank Michael Orthey/Lothar Panten: Formel Vau und Super Vau. Die Geschichte eines Rennsport-Welterfolgs. View-Verlag, 2. Auflage Bonn 2017 (Auszug S. 146 - 150)

https://de.wikipedia.org/wiki/McNamara_Racing

Peter Schroeder

  • mcnamara_racing_d.txt
  • Zuletzt geändert: 2022/01/08 14:04
  • von frankorthey